Sommer Adé
Die heißen Tage sind vorüber. Und da ist so ein Schmerz in mir, dass die Nächte länger werden. Und dass der Sommer vorbei gegangen ist. Rasch. Wie ein distanzierter Gruß. Wie ein kurz angebundenes Nicken von jemandem, dem man zufällig auf der Straße begegnet. Die Blicke streifen sich. Es wird weiter geeilt. Kein inne halten. Kein Verlangsamen des Schritts. Die Wege gleiten weiter, aneinander vorbei. Und verlieren sich. Wie ein Kuss, der so flüchtig ist, dass man nicht weiß: war er ein Trugbild? Ausdruck innerer Sehnsucht ohne je stattgefunden zu haben?
Dabei war der Sommer nicht kürzer als sonst. Sondern reich an Sonne und langen Tagen. Voll praller Hitze. Dem Surren von Hummeln. Dem Dampf von erwärmtem Asphalt. Holzkohlegeruch. Erde, die in Blumentöpfen aufreißt wie Puzzlestücke. Stoff, der am Körper klebt. Haut, die glüht. Motorengeräusche. Zirpende Grillen. Wehende Vorhänge an offen stehenden Fenstern. Laue Luft, die nicht abkühlt. Gewitter, die dem stickigen Dunst sagen, wo es lang geht.
Das soll alles wieder vorbei sein. Ohne, dass ich es gelebt hätte. Gespürt hätte. Mitbekommen hätte.
Es war alles da. Aber wo war ich?
Der Sommer ist davongefegt ohne in Umarmung mit mir zu verschmelzen. Ohne Langeweile auf einer Blümchenwiese, die man sich mit Federball totschlägt. Ohne gebräunte Haut, die von Müßiggang plaudert, Badeseetagen, Spaziergängen oder Fahrradtouren, Grillabenden und Nichts tun. Ohne Eisflecken auf dem T-Shirt und von Wassermelone verklebte Finger. Vielleicht ist das alles nicht wichtig. Ist es unwichtig? Wenn es fehlt, schmerzt es und kann nicht verbunden werden. Nur losgelassen.