Mr. Right
Eine Holzplatte mit Maserung, auf der die Grafik zart aufgebracht ist, so dass die wellige Musterung durchscheint: dadurch wird der Eindruck hervorgerufen, die Zeichnung könnte von Wasser durchzogen sein, ein leicht psychedelischer Effekt oder eine Art Traumbild entstehen. Diese Störung legt nahe: es geht nicht um die reine Abbildung einer Situation oder des Außens – dazu wäre ein neutraler Malgrund nötig. Hier wird eine Fiktion, ein Wunschbild, ein Blick ins Innere visualisiert. Die Fantasie einer Frau. Die Sehnsucht nach ihrem Mr. Right. Nur hat dieser kein Gesicht.
Auf den ersten Blick ein inniger Moment zwischen ihr und ihm, Zärtlichkeit und Hingabe. Eine gelöste Situation. Ausgelassenheit. Konfetti: man kann miteinander Spaß haben und feiern. Der Hintergrund: rosa-rot. Sie ignoriert seine Gesichtslosigkeit, als wolle sie den Moment festhalten, sich in Hingabe zu ihm wegwerfen, ihn und die erlebte Zärtlichkeit vergötternd. Das alles auf rosa-roter Plattform, die Sicht durch die rosa-rote Brille: gewählte Blindheit.
Die Frau hat ihre Maske hochgeschoben: sie ist bereit für ein maskenfreies Miteinander, will sich ihm mit allem, was sie ausmacht zeigen – auch die schambehafteten, schmerzhaften Anteile, die man zu verstecken neigt; Partnerschaft, die über oberflächliche Begegnungen hinausgeht, wäre mit ihr möglich.
Ihr goldenes Oberteil: sie weiß um ihren Wert, hat ein intaktes Selbstbewusstsein statt Minderwert, ein Identitätsbewusstsein, das nötig ist, um erfüllende Partnerschaft leben zu können, bringt sie mit. Partnerin sein können statt Parasitin oder Bedürftige. Trotzdem vergöttert sie, lebt nicht Augenhöhe, nicht Partnerschaft.
Der Traumprinz hat eine Krone auf: ein überzogenes Ideal – er hat zu viel zu erfüllen und zu viel sein. Und er hat kein Gesicht, weil das Ideal unerreichbar ist. Ihre überzogene Erwartungshaltung verhindert Partnerschaft. Mr. Right kann ohne einen Haltungswechsel ihrerseits nie Gesicht bekommen.