Über die Schwelle: Schein und Sein
Über die Schwelle. Vom Geheimnis des Übergangs.Frank Krause, Glory-World-Medien-Verlag, 2015
Das Geheimnis des Bundes, Buchauszug zum Bild:
Die Entwicklung echter und tragfähiger Beziehungen ist eine tägli-che Aufgabe, sie kann nicht durch Veranstaltungen abgedeckt wer-den. Eine Gemeinde, die keine lebendige Gemeinschaft außerhalb von Gottesdiensten und Bibelstunden hat, hat sie auch nicht wirk-lich in den Veranstaltungen. Man mag das so nennen und für ein-zwei Stunden nett zueinander sein, aber das reicht nicht. Die Test-frage ist die, welche Beziehungen übrig blieben, wenn man die Ver-anstaltungen wegnähme. Wer sind dann unsere Freunde? Mit wem teilen wir wirklich unser Leben? Mit wem lachen und weinen wir? Wem geben wir nicht nur fromme Ratschläge sondern unser Herz?
„Die Menge derer aber, die gläubig geworden, war ein Herz und eine Seele, und auch nicht einer sagte, dass etwas von sei-ner Habe sein eigen sei, sondern es war ihnen alles gemein-sam.“ (Apg 4,32)
Wir leben in Zeiten des Umbruchs und müssen uns täglich in Gott verankern, um nicht fortgerissen zu werden mit den sich überschla-genden Nachrichten von Krieg und noch mehr Krieg, von Hunger, Dürre, Flut und Beben. Nie zuvor war unsere „zivilisierte Welt“ so unzivilisiert.
Im Sturm schauen wir uns um, wo die Freunde eigentlich geblieben sind, die wir so sträflich vernachlässigt haben vor lauter Arbeit und Stress – und Dienst für Gott. Nach über 20 Jahren Gemeindearbeit bis zur Erschöpfung habe ich mich umgesehen und festgestellt, dass ich keine Freunde mehr hatte. Jenseits der Gemeindearbeit, die uns zu Kollegen und Funktionären im „Ministrieteam“ machte, gab es keine Zeit mehr für wirkliche Beziehungen – nicht mal in der Familie.
In den Krisen, die jetzt die Welt schütteln – und das ist nur der An-fang der Wehen – wird es auf Freunde ankommen, Leute, mit denen wir durch dick und dünn gehen und mit denen wir wirklich unser Le-ben teilen können – in guten wie in schlechten Tagen.
Die Erfahrung zeigt, in den guten Tagen haben wir viele Freunde, aber wenn es uns schlecht geht, nur noch wenige – und wenn alle aufgrund der stressigen Zeiten angespannt sind, dann zeigt sich, wie brüchig die Beziehungen überhaupt sind, die wir durch die Jahre aufgebaut haben – oder eben nicht. Wir haben einfach auf das fal-sche Pferd gesetzt: Aufwändige Programme, Prestigeobjekte, gewal-tige Konferenzen, Managementmethoden, Geld (bzw. Schulden), usw. – so wie die Welt es auch tut. Beziehungen wurden instrumen-talisiert zum Zwecke der Steigerung der erfolgreichen Gemeindear-beit. Angeblich verlangt Gott das von uns – und immer schön dabei lächeln.
Wir müssen uns fragen, mit wem wir „ein Herz und eine Seele“ sind, mit wem wir alles teilen, was wir haben, weil wir uns als eins erle-ben – in Liebe und in Wahrheit.
An diesem Punkt sind die Seelen der Menschen sehr empfindlich. Wenn sie merken, dass sie doch wieder nur zur Erreichung irgendwelcher Ziele anderer – auch wenn die sich „Mission“ und „Vision“ nennen (oder modern: „Leitbild“) – eingespannt werden und dafür die Liebe missbraucht und die Wahrheit gebeugt wird, dann werden sie bitter und „machen dicht“. An diesem Punkt angelangt, kann man jegliche Gemeindearbeit eigentlich vergessen, alles Weitere ist ab da nur noch Heuchelei. In der Regel wird sie aber nicht eingestellt, sondern geht mit immer weiterführenden Kompromissen und Unstimmigkeiten einher – Schein und Sein driften weiter auseinander, bis sie schließlich nichts mehr miteinander zu tun haben.
Und Gott wartet, bis wir den Karren endlich vor die Wand fahren und wieder von vorne anfangen – aber diesmal als Freunde – in Liebe und Wahrheit – , die ganz ehrlich miteinander sind und sich davor hüten, einander zu verlieren und zu verkaufen an ein erfolgsge-triebenes Gemeindegeschäft.
Der Schutz echter Freunde ist sehr viel größer als der des „vollmäch-tigen Pastors“ und seiner gesalbten Gemeinde, das hat noch jede Krise erwiesen. Weder der Pastor noch die Gemeinde haben über-haupt Zeit für die, die Zeit brauchen, nur Freunde haben das. Sie sind bereit, selbst in „sündigen“ Katastrophen ihre Hände schmutzig zu machen und uns nicht fallen zu lassen und mit Anklagen und Bes-serwisserei zu überziehen. Sie halten uns aus.