Die Schriftrolle der Liebe 1: herzlos

Die Schriftrolle der Liebe, Buchauszug zum Bild:

Jesus hebt bei seinen Erklärungen die Bedeutung des Herzens als zentralem Erkenntnisorgan hervor. Seine Kraft ist sowohl physisch, psychisch wie auch in spiritueller Hinsicht gigantisch. Aber ich sehe, wie seine Vernachlässigung in der Welt ebenso gigantisch ist. Alles andere scheint wichtig zu sein – aber nicht die Vorgänge im Herzen.
Verkümmerte Herzen schlagen irritiert vor sich hin, verlieren ihre Kraft, ihren Rhythmus und sterben „irgendwie“.

Vor meinem geistigen Auge ziehen Bilder aus dem Krankenhaus vorüber (ich arbeitete über 25 Jahre in der Krankenpflege), wo hilflose Verwandte an den Betten ihrer sterbenden Angehörigen sitzen und keinerlei Ahnung von deren Herzen haben. Alles „Behandeln“ ist rein äußerlicher Natur, während das Herz in furchtbarer Unerkanntheit und Einsamkeit seinem Ende entgegenschlägt. Grauenhaft. Wenige nur kennen das Lied, die Berührung, die Sprache des Herzens. Das nötige Lächeln, Streicheln und „Dasein“ sind zu seltenen Kostbarkeiten geworden, die nur mehr wenigen Sterbenden zuteilwerden.

Die verkopfte Gesellschaft weiß nichts mit einem anzufangen, der den Kopf oder die Sprache des Intellekts verloren hat und nur mehr mit den Augen spricht. Alle wollen den Tod vermeiden, so, wie sie auch das Leben vermeiden, indem sie ihr Herz nicht beachten, sondern wie Maschinen funktionieren und ihre wenigen Tage mit sinnlosen Tätigkeiten füllen, die sie von sich selbst und der Wahrheit erfolgreich ablenken, bis sie krank werden. Bei diesen Gedanken steigt Bitterkeit in mir auf und ich senke den Blick.